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„Zickenkrieg“ und Pöbeleien

2.03.2021

Den Übertritt aufs Gymnasium hatte ich dann doch geschafft. Außer mir hatte sich nur ein anderes Mädchen aus unserer Grundschulklasse für das gemischte Gymnasium entschieden, zu der ich aber leider keinen richtigen Zugang fand. In der neuen Klasse waren wir dann auch nur fünf Mädchen. So hoffte ich, dass es mit dem „Zickenkrieg“ ein Ende habe, was sich allerdings nicht bewahrheitete. Ich war wieder außen vor: Die anderen drei kannten sich bereits und außerdem entsprach ich nicht dem angesagten „Modeltyp“. Ich kannte weder die angesagten Filme und Serien, noch trug ich trendige Klamotten. Ja, ich wagte es sogar, meine geliebte, dicke Kuscheljacke weiterhin anzuziehen, obwohl die anderen sie schrecklich fanden. Gehässige Bemerkungen waren an der Tagesordnung.


Auch war ich nicht besonders sportlich; dass ich gut reiten konnte, war ja im Sportunterricht nicht zu zeigen. Und noch etwas unterschied mich im Laufe der nächsten Jahre deutlich von den anderen: Ich trank keinen Alkohol und rauchte auch nicht, weil es mir einfach nicht schmeckte. Und weil mir klar war: Ich kann auch ohne „Vorglühen“ lustig sein, auf Partys Spaß haben und verrückt tanzen. Und das zu einer Zeit, als „Koma-Saufen“ und „Snoozen“ sehr verbreitet waren.


Mit der Zeit immer belastender wurden auch die schulischen Anforderungen. Die ersten zwei Jahre kam ich damit noch einigermaßen zurecht, doch als in der siebten Klasse Latein dazu kam, fühlte ich mich zunehmend überfordert. Zum Glück konnte ich mit meinen Eltern offen darüber reden und gemeinsam beschlossen wir nach dem ersten Halbjahr der achten Klasse, dass ich auf die Realschule wechseln könne. Diese war jedoch eine reine Mädchenschule und ich musste die Klasse wiederholen.


Wieder war alles neu und ich gehörte nicht dazu. Es gab eine eingeschworene Mädchen-Clique. Deren Anführerin wollte ich mich nicht unterordnen und so gerieten wir regelmäßig aneinander. Aber ich ließ mich nicht unterkriegen, setzte mich durch und fand auch Freundinnen. Und dann merkte ich, dass es doch so eine Art weiblicher Solidarität gibt: Eines Morgens wurde ich während der Zugfahrt zur Schule von drei Burschen angepöbelt und richtig angespuckt. Als ich dann zu spät in den Unterricht kam, erzählte ich weinend vor der ganzen Klasse, was passiert war. Die Direktorin und die Polizei wurden eingeschaltet, die Jungs zur Rechenschaft gezogen. Aber das Erstaunlichste für mich war, dass mir die Cliquen-Anführerin ihren Schutz für den Nachhauseweg anbot: „Zeig‘ mir die Kerle und ich schlag‘ sie zusammen!“


Natürlich brauchte ich ihre Hilfe nicht, weder an diesem noch an den anderen Tagen. Ich war kein Opfer und ließ mich auch nicht zum Opfer machen. Tief in mir war ich einfach schon stark. Dennoch weinte ich auch in dieser Zeit immer noch oft, fühlte mich danach aber jedes Mal erleichtert. Wenn ich heute zurückblicke, bin ich über zwei Dinge sehr froh: In den schlimmsten Momenten hatte ich immer jemanden zum Reden. Und es war noch nicht üblich, über die Sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Whatsapp und Co. demütigende Fotos, Lügen und blöde Kommentare zu verbreiten. Wer heute gezielt gemobbt wird, über den bricht ja schnell auch ein digitaler Shitstorm herein.


Doch auch in so einem Fall muss sich niemand zum Opfer machen lassen und man kann sich Hilfe holen! Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig es gerade in so schwierigen, sogar ausweglos erscheinenden Situationen ist, sich jemandem anzuvertrauen, über seine schmerzlichen Gefühle zu sprechen und zusammen zu überlegen, wie es weitergehen kann. Gemeinsam und mit kompetenter Unterstützung lassen sich immer Lösungen finden!

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